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Der Weg des Schwertes

Kendo bedeutet wörtlich übersetzt „Schwertweg“. Der Schwertkampf ist die älteste japanische Kampfkunst. Erste Überlieferungen sind bereits aus dem 4. Jahrhundert n. Ch. Bekannt. Der Ursprung von Kendo liegt formal in der Kampftechnik und ideell im Ehrenkodex der legendären Samurai, der japanischen Ritter. Das moderne Kendo ist eine dynamische Vollkontakt-Kampfkunst mit stark philosophischen geprägten Zügen.

Kendo vereint ein grosses Potential an körperlicher, geistiger und charakterlicher Ausbildung. Ziel ist die Erlangung von Harmonie zwischen Körper und Geist. Das Training fördert Konzentrations- und Reaktionsvermögen und festigt die Entschlussfähigkeit. In den intensiven Übungskämpfen wird das entschlossene Vorgehen gegen den Gegner geübt und gleichzeitig die Fähigkeit ausgebildet, einer Stresssituation psychisch und physisch standzuhalten. Disziplin und Höflichkeit gegenüber Lehrern und Trainingspartnern ist wegen der Energie geladenen Übungen und Kämpfe unabdingbar und stärkt sowohl Verantwortungsbewusstsein als auch die Achtung vor Mitmenschen.

Obwohl Kendo heute als Sportart gilt, unterscheidet es sich klar von den klassischen Sportarten des Westens: Kendo wurzelt in den Schlachtfeldern des mittelalterlichen Japan und wurde stark beeinflusst durch den Zen-Buddhismus.

Zu den Besonderheiten des Kendo zählt, dass man es bis ins hohe Alter betreiben kann. Aktive achtzigjährige Kendoka (Kendo-Treibende) sind keine Seltenheit, da im Kendo weniger Jugend und Kraft zählen als vielmehr Persönlichkeit und Erfahrung.

Kendo ist nicht nur in seinem Ursprungsland Japan, sondern auch in anderen Ländern weit verbreitet. Rund acht Millionen Kendoka auf der ganzen Welt anerkennen Kendo als faszinierende, ganzheitliche Sportart und ausgezeichnete Schule für körperlichen und geistigen Bildung.

Kendo – die Kunst das Schwert zu führen

Wegen seiner Wirkung galt das Schwert im traditionellen Japan gelten als „Königen der Waffen“. Um seine Beherrschung zu sichern, wurde sein dem Mittelalter ein strenger Ehrenkodex, der Bushido (Bushi = Krieger, Do = Weg), entwickelt. Beeinflusst durch den Zen-Buddhismus wird in ihm die Fähigkeit zur Konzentration und das Erreichen eines Zustands der inneren Ruhe als Vorraussetzung für das Gewinnen eines Zweikampfs beschrieben: Das Bushido besteht in seinem Kern aus der philosophischen Vertiefung des Zusammenhangs zwischen der existentiellen Situation des Kampfes, Ethik und Religion.

Bereits die Samurai, denen die Verwendung des Schwertes vorbehalten war, hatten also nicht nur den Körper, sondern auch den Geist zu trainieren. Die alten Texte des Bushido rücken die geistige Bildung und die Reflexion über das Wesen des Selbst sogar alleine in den Mittelpunkt. Unter der Frage „wer bin ich?“ verlangen sie von einem Meister des Schwertes Aufrichtigkeit gegenüber seinen Gegnern, Weisheit im Denken und Handeln, Mut zur raschen Entscheidung, Loyalität gegenüber seinem Herrn und vor allem die Bereitschaft und Geduld, diesen Werten nachzukommen.. Auf dem Weg des Kriegers kann es somit nicht darum gehen, eine Technik zu erlernen, und noch viel weniger um eine isolierte Vorbereitung des eigentlichen Kampfes: Das Kanji-Schriftzeichen „Bu“ bedeutet, den Kampf anzuhalten und ihn zu beenden. Im Bushido steht nicht physische Geschicklichkeit, sondern Friede und Meisterschaft über sich selbst im Vordergrund.

Um in Übereinstimmung mit dem Bushido auf alle Situationen vorbereitet zu sein, entstanden seit dem 15. Jahrhundert verschiedene Fechtschulen, an denen die eigentliche Schwertkunst in ihren ursprünglichen Formen des „Kenjutsu“ (Ken = Schwert, Jutsu = Technik, Kunst) entwickelt und gelehrt wurden. Dabei wurde mit echten Waffen oder Holzschwertern geübt, so dass sich während des rauen Trainings viele der Übenden ernsthaft verletzten.

Erst im 19. Jahrhundert wurden die Schwerter oder ihre schweren Holznachbildungen durch das leichtere „Shinai“, ein Übungsschwert aus Bambus-Lamellen, und eine darauf abgestimmte Schutzausrüstung (Bogu genannt) abgelöst. Diese Neuerungen erlaubten den Fechtenden, volle Schläge auszuführen, ohne ihre Übungspartner zu verletzen.

Die neue Art, sich in der Schwertkunst zu üben, wurde Kendo (Ken = Schwert, Do = Weg) genannt. Zusammen mit den neuen Trainingsmitteln unterschreicht die neue Bezeichnung der alten Schwertkunst als „Weg der Schwertes“, dass es beim Kendo nicht darum geht, wie man mit dem Schwert tötet, sondern darum, sich Charakterfestigkeit, Entschlossenheit und moralische Stärke anzueignen, so dass man „nukami ni sumi“, d.h. die Benützung des Schwertes erreichen kann, ohne es aus der Scheide zu ziehen.

Im Übergang vom traditionellen zum modernen Japan wurde denn auch im Kendo von seiner ursprünglichen Bedeutung als mentale und körperliche Vorbereitung auf einen auf leben und Tod geführten Zweikampf Abstand genommen.

Der Weg des Schwertes entwickelte ich während den letzten Jahrzehnten auch zu einem Kampfsport, der auch in Europa und den USA rasch auf Interesse stiess: Kendo wirkt durch seine Mischung von Konzentration und Dynamik äusserst spektakulär und erhält durch das Tragen der traditionellen Rüstung einen Hauch fernöstlicher Exotik.

Auch in seiner auf den sportlichen Wettkampf ausgerichteten Form darf das Ringen um den Sieg jedoch nicht zur Hauptsache werden. Um den historischen Wurzeln des Kendo in der Kultur der Samurai und den ursprünglichen Formen der Schwertkunst gerecht zu werden, ist es ebenso wichtig, sich mit den Anliegen des Bushido auseinanderzusetzen. Denn wie bereits zu den Zeiten der Samurai entfalten sich erst dort diejenigen Eigenschaften des Kendo, die über ine rein physische Bestätigung hinausweisen.

Ideologie

Kendo bezeichnet die Disziplinierung des menschlichen Charakters durch die Anwendung der Prinzipien des Katana (Schwertes). Ziel und Zweck der Ausübung von Kendo

Absicht und Zweck der Ausübung von Kendo ist:

Seele und Körper formen,
einen starken Geist ausbilden,W
mittels korrektem und festem Training
eine Verbesserung in der Kunst des Kendo erreichen,
Höflichkeit und Ehre unter den Menschen hoch schätzen,
im Umgang mit anderen ehrlich sein
und immerwährend die eigene Vollendung anstreben.

So vermögen wir,
unser Land und unsere Gesellschaft zu lieben,
zur Entwicklung der Kultur beizutragen
sowie Frieden und Wohlstand zwischen allen Völkern zu fördern.

Dieses Ideologie wurde durch den Zen Nippon Kendo Renmei, ZNKR (Alljapanischer Kendo Förderation) 1975 erstellt

Elemente des Kendo-Trainings

Mehrmals wöchentlich finden im „Dojo“ (Ort, an dem die Schüler den „Weg“ üben) des jeweiligen Klubs Trainings statt, die ungefähr anderthalb Stunden dauern. Trainiert wird barfuss und in der traditionellen Kleidung, dem „Keikogi“ (Jacke) und „Hakama“ (Hosenrock); als Waffe dient das Shinai. In der Kendo-Rüstung trainiert man erst nach dem Beherrschen der Grundtechniken.

Rei und Sonkyo – Begrüssung, Kampfbereitschaft

Nur die von gegenseitiger Achtung geprägte Auseinandersetzung mit dem Trainingspartner – dem Gegner – ermöglicht die eigenen Entwicklung. Aus diesem Grund wird er beim Beginn und beim Ende grösserer Übungseinheiten und/oder Kämpfen mit einer leiten Verbeugung im Stand (Rei) und dem Zeihen des Shinai in der Sonkyo-Position, einer Hockstellung, gegrüsst. Die einzelnen Übungen werden dann mit gegenseitigem Rei begonnen und ebenso beendet.

Metsuke – Wahrnehmung des Gegenübers

Beim Kendo ist es wichtig, sofort jede innere und äussere Bewegung des Gegners optisch und intuitiv wahrzunehmen. Diese Wahrnehmung wird laufend geübt und weiter entwickelt.

Shizentai – Körperhaltung

Zuerst wird die Einnahme der korrekten Körperhaltung geübt. Sie schliesst an die geistige Haltung an und sollte so sein, dass sie einem das mühelose und schnelle Ausführen sicherer Bewegungen ermöglicht.

Suburi – Schlagübungen mit dem Shinai

Im Kendo bilden Fussarbeit (Ashi-sabaki) und Armbewegungen mit dem Shinai (die Schlagtechniken) eine einzige Einheit. Sie werden daher immer zusammen ausgeführt. Neben der Schulung der Wahrnehmung des Gegenübers und der Verbesserung des Shizentai ist die Koordination des Suburi ständiges Thema aller Kendo-Trainings.

Kamae – Grundstellungen

Die geistige Einstellung und das richtige Shizentai verdichten sich in fünf Kamae-Positionen zu Stellungen, die sich grundsätzlich ebenso zur Abwehr einen Angriffs des Gegners als auch zu einem eigenen Angriff eignen (Gedan-no-kamae, Chudan-no-kamae, Jodan-no-kamae, Hasso-no-kamae, Waki-no-kamae). Beim Erlernen der Kamae ist das zwar feste, aber elastische und nicht verkrampfte Halten des Shinai besonders wichtig.

Kiai / Kakegoe – Atmung und Schrei

Die richtige Atmung schafft die nötige Ausdauer zum Angriff, dessen Entschlossenheit der Angreifende in seinem „Kiai“, seinem Schrei, zum Ausdruck bringt. Das Kiai entsteht im „Hara“ – dem Unterbauch als Zentrum des Körpers – und verbindet Körper und Geist zu einer zielgerichteten Bewegung. Da die Angriffschläge bewusst ausgeführt werden, werden mit ihm die Trefferstellen ausgerufen.

Waza – Technik

Die Kendo-Techniken werden unterteilt in Grundtechniken (Kihon-waza) und angewandte Techniken (Oji-waza, Shikake-waza), die wiederum nach Angriffs- und Kontertechniken unterschieden werden. In dieser Phase des Trainings geht es zuerst darum, eine positive Kampfeinstellung zu entwickeln. Der Körper hat dabei die Bewegungen zu lernen, so dass sie im Kampf reflexartig ausgeführt werden können.

Kata – Lehrer/Schüler-Formen

Die zehn Kendo-Kata (festgelegte Angriffs- und Gegenangriffskombinationen) bilden die systematische Basis des Kendo und bieten ein eigentliches Konzentrat der verschiedenen Techniken. Sie werden zu zweit ausgeführt, wobei ein Partner die Rolle des „Uchidachi“ (Lehrer, Angreifer), der andere die Rolle des, die Kata „gewinnenden“, „Shidachi“ (Schüler, Verteidiger) übernimmt. Im Mittelpunkt steht dabei die Konzentration auf die Koordination ihrer Bewegungen und Atmung – also auf alles, was sich während eines Kampfes zwischen zwei Gegners abspielt.

Shiai – Wettkampf

Der Kampf bietet Kendoka die Möglichkeit, die eigene Leistungsfähigkeit kennen zu lernen. Neben dem Spass am sportlichen „Kräftemessen“ dient er der Verbesserung der Technik und der Stärkung der Verbindung von geistiger und körperlicher Kraft, des Willens. Der Sieger wird in seinem Selbstvertrauen bestätigt und kann auf die Techniken aufbauen, mit denen er gewonnen hat. Der Verlierer soll die Niederlage akzeptieren, den Kampf reflektieren und anhand der festgestellten Fehler erkennen, was er in Zukunft verbessern kann.

Kendo in der Schweiz

Kendo wurde in der Schweiz erstmals in den Fünfziger Jahren gelehrt. In Genf organisierten zwei japanische Kampfkunstlehrer gelegentlich Kendo-Wochenenden. Hier nimmt die erste Schweizer Kendo-Karriere ihren Anfang. Der Baselbieter Fritz Dettwiler (Jg. 1921) findet im Kendo seine Bestimmung. Durch sein Engagement ist er zum eigentlichen Wegbereiter des Kendo in der Schweiz geworden. Dettwiler trainiert noch heute regelmässig in seinem Dojo in Gelterkinden.

Mit dem Engagement der Genfer und Gelterkindener Kendo Pioniere konnte sich Kendo in der Schweiz allmählich etablieren und international positionieren. Der Vollkontakt-Kampfsport zog immer mehr Leute in seinen Bann. In den siebziger Jahren statteten offizielle Delegationen der Alljapanischen Kendo Föderation (ZNKR = Zen Nippon Kendo Renmei) den hiesigen Vereinen ihren Besuch ab und luden Schweizer Kendoka zur Teilnahme an der ersten Kendo Weltmeisterschaften ein.

1975 fand die erste Schweizer Meisterschaft statt, und Ende der siebziger Jahre gab es genügend Kendoka, um die erste Mannschaftsmeisterschaften durchzuführen. Zum ersten Mal unterrichtete auch ein Lehrer der ZNKR in der Schweiz: Nach Kasahara Hiroaki ist seither ein beliebtes Turnier benannt, welches jeden Herbst stattfindet.

In den achtziger Jahren wurden weitere Dojo gegründet. Weitere offizielle Besuche des ZNKR waren ein Zeichen für die zunehmende internationale Bedeutung der Schweizer Kendo Szene. Dies schlug sich auch in sportlichen Erfolgen nieder: 1982 gewinnt der Budokan Zürich als erstes Schweizer Team ein internationales Turnier, nämlich das traditionelle City Link heute Mumeishi Turnier in London. In den Jahren 1981 und 1986 wird Herbert Meierhofer Vizeeuropameister.

Erster Nationaltrainer wurde 1983 Dr. Miyasaka Masayuki. Nach seiner Rückkehr nach Japan im Jahre 1986 bis 1997 übernahm Kozaki Hiroshi diese Aufgabe.

Renshin Dojo Gelterkinden / Geschichtliches

Zu Anfang waren die Kendotreibenden in Gelterkinden auf die öffentlichen Gebäude angewiesen. Durch einen Wohnungsneubau mit Bürogebäude am Birkenweg in Gelterkinden wurde ein langersehnter Wunsch erfüllt. Es gab einen Übungsraum, der uneingeschränkt benutzbar ist.

Nach verschiedenen Eigenleistungen konnte das Dojo (Übungsraum) am 14. Dezember 1973 eingeweiht werden. Als Gäste wurde der Gemeinderat Gelterkinden, der seinerzeitige Vorsteher des kantonalen Sportamtes und die damaligen Anwohner des Birkenweges eingeladen.

Der Name „Renshin Dojo“, der grob übersetzt soviel, bedeutet wie „Stätte zur Abhärtung des Geistes“, wurde von Herrn Tokutaro Kimura gestiftet. Er war der erste Präsident des ZNKR (Zen Nippon Kendo Renmei) sowie des IKF (International Kendo Federation). Herr Kimura schenkte dazu ein eigenhändig geschriebenes Schriftbild, das im Dojo hängt. Dieses Bild überbrachte Herr Toshiaki Kasahara, erster Generalsekretär des ZNKR und der IKF. Sein Sohn Hiroaki Kasahara war 1972/73 während 18 Monaten als erster japanischer Kendotrainer in Gelterkinden stationiert. Er brachte uns die ersten Grundbegriffe des japanischen Schwertfechtens, sowie Iaido, die Kunst des Schwertziehens bei. Damit legte er das Fundament des schweizerischen Kendo. Als Nachfolger übernahm Hideo Sakai bis im Herbst 1974 den Kendounterricht. Von 1975 bis 1976 (22 Monate) amtete Satoshi Toki als Trainer, gefolgt von Toshiaki Noguchi in den Jahren 1977 und 1978 (22 Monate). Diese Lehrkräfte waren Inhaber des 4. Dan Kendo.

Um das Kendo in der Schweiz zu verbreiten, beteiligten sich die Japaner an vielen Demonstrationen, Wettkämpfen und Kursen. Von Mitte 1981 bis Mitte 1986 wohnte Dr. Masayuki Miyasaka in Kaiseraugst, wo er als Arzt immunologische Forschungsarbeiten betrieb und bei uns Kendo instruierte. Die Leute aus Basel und Umgebung, welche zum Kendotraining nach Gelterkinden kamen, entschlossen sich, wegen Reise- und Zeitproblemen in Basel eine Filiale aufzubauen. Dies wurde Mitte 1984 realisiert. Durch gegenseitige Trainingsbesuche wurde die Zusammengehörigkeit gepflegt. Anfangs 1987 trennte man sich aber wegen administrativen Schwierigkeiten. Dies geschah im gegenseitigen Einverständnis.

In Gelterkinden begannen bis heute insgesamt etwa 300 Personen mit dem Kendotraining.

Fritz Dettwiler 1995 Gelterkinden

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